In den letzten Jahren hat SAP intensiv daran gearbeitet, ihre Kunden von den Vorteilen der Cloud zu überzeugen – allen voran durch ihr Angebot „RISE with SAP“. Doch dieser Wechsel in die Cloud stößt bei vielen Unternehmen auf Widerstand. Um dem entgegenzuwirken, setzt SAP eine aggressive Strategie ein, die darauf abzielt, nahezu jeden Kunden in die Cloud zu drängen, selbst wenn diese Kunden Bedenken äußern oder lieber bei ihren eigenen On-Premise-Lösungen bleiben wollen.
SAP verfolgt dabei mehrere Taktiken: Einerseits werden Business Cases so gestaltet, dass die Kosten für den Eigenbetrieb von SAP-Systemen unverhältnismäßig hoch dargestellt werden. Andererseits bietet SAP wichtige Innovationen wie Künstliche Intelligenz (KI) und Nachhaltigkeitslösungen exklusiv für Cloud-Kunden an, während Kunden, die ihre Systeme selbst betreiben, auf diese Technologien verzichten müssen. Dies zwingt Unternehmen förmlich in die Cloud, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben und von modernen Technologien profitieren wollen. Diese Strategie, jede Alternative unattraktiv zu gestalten, zeigt den enormen Druck, den SAP auf seine Kunden ausübt, um den Cloud-Übergang zu forcieren.
In der ersten Phase ihrer Taktik stellt SAP den Kunden einen scheinbar neutralen Business Case vor, der die Cloud-Lösung als deutlich kostengünstiger darstellt. Mit glänzenden Diagrammen und beeindruckenden Zahlen versucht der SAP-Berater, den Eigenbetrieb der Systeme als teure und unattraktive Option zu verkaufen. Die Cloud-Lösung, „RISE with SAP“, wird hingegen als preiswerte Alternative präsentiert. Doch der Kunde, skeptisch wie immer, beginnt zu ahnen, dass die Zahlen nicht die ganze Wahrheit verraten. Im Kern der SAP-Strategie liegt hier die pessimistische Darstellung von Kostenprojektionen, um den Eigenbetrieb der Systeme absichtlich unattraktiv zu machen.
Was SAP dabei in der Regel unterschätzt ist die kritische Hinterfragung dieser Business Case Kalkulationen auf der operativen Ebene – während das gelungene Marketing der SAP auf C-Level häufig beeindruckenden Anklang findet.
Nachdem der Kunde die präsentierten Zahlen genauer geprüft hat, entdeckt er einen gravierenden Fehler oder unzutreffende Benchmark-Zahlen im Business Case. Die Kosten für den Eigenbetrieb (oder für den Hyperscaler unter Einsatz der OnPrem Kauflizenzen) wurden meist zu hoch angesetzt, während die Kosten in der Cloud übertrieben meist ohne die geplanten Preissteigerungen dargestellt wurden. Es wird klar, dass SAP versucht hat, die Kostenvergleiche zu „manipulieren“, um die Entscheidung zugunsten der Cloud zu beeinflussen. Dies sorgt beim Kunden für Frust und Misstrauen, da er erkennt, dass ihm eine unfaire Berechnungsgrundlage präsentiert wurde.
Und auch wenn die Zahlen annähernd stimmen sollten: Wachstumsprognosen über 5 Jahre führen zu mutigen Prognosen, die für den Business Case positiv wirken. Jeder SAP Kunde sollte sich darüber bewusst sein, dass die Prognose in der Kalkulation eine verbindliche Abnahme spätestens im letzten Jahr des Vertrages darstellt.
Spätestens die Betrachtung des 6. Jahres – also dann, wenn die Abschreibungen für Lizenzen auf der Eigenbetrieb-Seite getätigt wurde, lässt den Business Case gar nicht mehr so positiv darstellen.
Wenn der Kunde den Fehler im Business Case entdeckt, greift SAP zu einem anderen Mittel: hohen Rabatten. Um die Entscheidung dennoch zu retten, bietet der SAP-Berater großzügige Preisnachlässe auf „RISE with SAP“ an. Doch der Kunde bleibt skeptisch. Obwohl die Rabatte verlockend sind, bleibt der Verdacht bestehen, dass die Cloud-Lösung langfristig nicht die beste Wahl ist. SAP setzt darauf, dass der finanzielle Anreiz den Kunden letztendlich überzeugen wird – eine Taktik, die oft zum Einsatz kommt, wenn sich Kunden nicht auf Basis der Business Cases überzeugen lassen.
Eine weiterer Stellhebel ist das Modernization Program – ein Sponsoring des Kunden auf dem Weg in die Cloud. Aber auch dieses lässt den Business Case nur in den ersten Jahren glänzen – nicht langfristig.
Als letzter Schritt der SAP-Strategie wird der persönliche Einsatz des Vorstands in Erwägung gezogen. Um den Widerstand des Kunden zu brechen, erscheint ein hochrangiger Manager persönlich beim Kunden, um die Vorteile von „RISE with SAP“ zu betonen. Mit charismatischem Auftreten und eindrucksvollen Versprechungen versucht er, den skeptischen Geschäftsführer zu überzeugen. Der SAP Manager hebt hervor, dass SAP in der Cloud die Zukunft sieht und exklusive Leistungen wie KI und Nachhaltigkeitslösungen nur für Cloud-Kunden verfügbar sind. Doch trotz dieser persönlichen Bemühungen bleibt der Kunde vorsichtig, da die Abhängigkeit von der Cloud nach wie vor große Bedenken auslöst.